Elisa Malinverni beim Yoga

Die Achtsamkeit im Yoga lässt Sucht schwinden – auch bei dir. Denn Sucht hat nicht automatisch mit klassischen Drogen zu tun. Hier erkläre ich dir, wie Yoga und Achtsamkeitsübungen dir zu mehr Bewusstsein verhelfen können. Und wie du dir damit mehr Handlungsspielraum erwirbst, um mit Stress besser umzugehen.

Wir sind alle süchtig

Bleibst du manchmal auf Social Media hängen, auch wenn du nur kurz das Wetter auf dem Smartphone checken wolltest? Kannst du nach einer Serie auf Netflix den Laptop zuklappen und aufhören? Oder nach einem Keks die Packung wieder verschliessen und wegräumen?

Wenn wir das Wort Sucht hören, denken wir schnell, dass das wenig mit uns zu tun hat. Schliesslich haben wir kein Problem mit Alkohol oder harten Drogen. Aber wenn wir uns selber im Alltag ehrlich beobachten, müssen wir vielleicht zugeben, dass wir oft zur Schokolade, zum Handy oder zu einer weiteren Tasse Kaffee greifen. Manchmal aus Langeweile, oft auch weil wir gestresst sind und Druck ablassen müssen. Besonders abends wollen wir nach einem langen Tag runterfahren und uns belohnen. Ein Glas oder zwei Rotwein, die Playstation oder die Chipspackung kommen dann wie gerufen.

Wir könnten sagen: Das ist doch nicht weiter schlimm! Es ist sogar sinnvoll, dass wir versuchen, uns selber wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Natürlich sind die genannten Gewohnheiten weniger schädlich für unsere Gesundheit als Heroin- oder Nikotinsucht.

Aber was ist, wenn der Leidensdruck steigt und wir noch mehr Stress oder emotionalen Schmerz kompensieren müssen? Wann wird der Konsum bedenklich, beziehungsweise, wo beginnt denn die Sucht?

Elisa Malinverni beim Yoga

Wo beginnt Suchtverhalten?

Bewältigungsstrategien können plötzlich ausser Kontrolle geraten. Woran erkennen wir also, dass wir in ungesundem Maße konsumieren?

  1. Verlangen (engl. Craving)
    Wir haben ein Verlangen nach unserer bevorzugten „Droge.“ Wir stillen dieses Verlangen, um uns besser zu fühlen.
  2. Kurzfristige Befriedigung (engl. temporary Relief)
    Die Befriedigung nach dem Konsum ist nur von kurzer oder begrenzter Dauer. Dann fängt alles wieder von vorn an. Das Phänomen der nur vorübergehenden Erleichterung ist typisch für Suchtverhalten.
  3. Toleranz
    Die Substanz oder das Verhalten nährt nicht die Essenz tief in uns drin. Und schon bald brauchen wir mehr und mehr davon. Ganz egal, ob unsere Sucht Online-Shopping, Fitness oder Pornographie ist. Wir stumpfen ab und entwickeln eine sogenannte physische oder auch psychische Toleranz. Wir brauchen eine erhöhte Dosis für den gleichen Kick.
  4. Kontrollverlust
    Ab einem gewissen Punkt können wir vor allem bei fortgeschrittener Sucht nicht mehr entscheiden, wie viel wir konsumieren. Wir sagen uns selbst „nur ein Glas“ oder „nur eine Folge Netflix“ und plötzlich ist die Flasche leer oder der Abend um.

Wenn ich ehrlich bin, ich kenne kaum einen Menschen, der oder die keine Sucht hat. Vor allem in unserer leistungsorientierten Kultur haben wir ständig das Gefühl, nie gut genug zu sein. Dadurch erneuert sich unser Leidensdruck ständig wie von selbst. Kein Wunder, dass wir einen Ausgleich brauchen, und bitte schön auf Knopfdruck.

Elisa Malinverni sitzt auf Yogamatte und lacht in die Kamera

Mehr Bewusstsein durch Yoga

In unserer Kultur sitzen die Vorurteile gegenüber Sucht besonders tief. Wer nicht maßvoll ist und keine Kontrolle über seinen Konsum hat, gilt als moralisch schwach und undiszipliniert. Kein Wunder fällt es uns schwer, uns selbst und anderen gegenüber ehrlich zu sein.

Hier können Yoga und jede Form von Achtsamkeitspraxis helfen. Wenn wir beginnen, Yogastellungen zu praktizieren, fangen wir ganz niederschwellig an, unseren Körper und dessen Reaktionen zu beobachten. Mit etwas Übung sind wir auch in der Lage, unseren Atem präziser wahrzunehmen. Vergeht noch mehr Zeit entsteht wie von selbst ein Gewahrsein für unsere Gedanken und Emotionen.

So werden Zusammenhänge plötzlich sichtbar. Wir erkennen, dass wir mehr Schokoriegel essen, wenn wir eine Deadline schaffen müssen. Uns wird bewusst, dass wir das Glas Wein am Abend herbeisehnen, weil der Kinderlärm im Haus uns komplett überfordert.

Durch Bewusstsein kommt Handlungsspielraum. Wir können den Stress in unserem Leben nicht wegzaubern, aber wir können entscheiden, wie wir damit umgehen. So ist für mich Yoga Landkarte und Schlüssel zugleich. Es führt mich dahin, wo es weh tut. Und es schenkt mir Werkzeuge, um den Schmerz zu lindern.

Buch Yoga for Recovering Addicts

Wenn Yoga hilft, nüchtern zu werden und zu bleiben

In meinem Buch Yoga for Recovering Addicts – Stories of Hope and Ways of Self-Healing* erzähle ich die inspirierenden Geschichten von abstinenten Suchtkranken. Yoga hat für sie eine wichtige Rolle in ihrem Heilungsprozess gespielt. Ihre persönlichen Biographien zeigen, dass eine Achtsamkeitspraxis vor allem auch hilft, nüchtern zu bleiben, selbst wenn wiederkehrende Selbstzweifel oder Krisen auftauchen.

Yoga for Recovering Addicts beinhaltet zudem eine wissenschaftliche Einordnung, wieso Yoga hilft, von der Sucht loszukommen, und wie es manchmal auch zur neuen Sucht werden kann. Das Buch bietet zusätzlich vier simple und bebilderte Übungssequenzen, die das Nervensystem regulieren und resilienter machen.

Mein Herzanliegen ist es, mit diesem Buch zu zeigen, dass wir alle süchtig nach etwas (oder jemandem) sind. Manche Süchte werden stigmatisiert, manche zelebriert. So oder so sind wir damit nicht alleine. Und die Geschichten anderer erinnern uns daran, dass Sucht keineswegs eine Sackgasse sein muss. Sie kann sogar ein Sprungbrett für ein bewussteres Leben sein.


Über die Gastautorin Elisa Malinverni

Porträtbild von Elisa Malinverni

Nach ihrem Uniabschluss in englischer Literatur und Kunstgeschichte zog Elisa Malinverni nach New York, um ihre Tanzausbildung abzuschliessen. Erst ging sie nur ins Yoga, um sich vom kompetitiven Tanz-Alltag zu erholen. Aber in dieser Welt, die zu Selbstreflexion und Mitgefühl ermunterte, fühlte sie sich sofort zu Hause. 2009 absolvierte Elisa ihre erste Yogalehrerinnen-Ausbildung bei OM Yoga New York (Cyndi Lee/Joe Miller). Zurück in der Schweiz fasste sie als Yogalehrerin in Zürich rasch Fuss und bildete sich stetig weiter. 2013 unterrichtete sie für ein Jahr in Taiwan. 2014 kehrte sie kurz vor der Geburt ihres Sohnes zurück in ihre Heimatstadt, Bern.

Seit bald zehn Jahren liegt Elisas Fokus insbesondere auf Yin Yoga und prä- und postnatalem Yoga. Mit den Tools aus dem Yoga Werkzeugkasten – Atem, Bewegung, Entspannung – begleitet sie Menschen in ihrem persönlichen Transformationsprozess – sei dies im Rahmen von Yin Yoga Ausbildungen, Yoga Retreats oder individuellen Coachings. Fasziniert von der positiven Wirkung, die Achtsamkeit für unsere psychische Gesundheit haben kann, schrieb Elisa 2022 ihr erstes Buch zu Yoga als Weg aus der Suchtabhängigkeit.

Kaufe hier ihr Buch: Yoga for Recovering Addicts – Stories of Hope and Ways of Self-Healing*

Erfahre mehr über Elisa: http://www.elisamalinverni.com


Vielen Dank, liebe Elisa, für diesen wertvollen Einblick. Mir geht es wie dir: Die positiven Wirkungen von Yoga faszinieren mich immer wieder. Hoffentlich inspiriert dein Buch viele Menschen dazu, mit Achtsamkeit und Yoga ihr Leben neu auszurichten!


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Bildnachweise: Fotos: © Elisa Malinverni

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